Doch die im Dunklen sieht man nicht
Gangster und Prostituierte sind nicht die erste Kundschaft, die man bei einem Gottesdienst im Sinn hat. Doch am 30.11.2024 werden diese Vertreter der Unterwelt in Schinna zu Wort kommen.
Die Kulturgottesdienste und der Piglet-Circus widmen diesen Abend Berthold Brecht und seinen Liedern und haben dafür Sarah Schwarz und Erik Regul engagiert, die Macki Messer, der Seeräuber-Jenny und anderen Vertreter der Unterwelt ihre Stimmen leihen.
Sarah Schwarz geht im kommenden Jahr mit einem Brecht-Programm auf Tournee, das sie in Zusammenarbeit mit ihrem Bruder Florian Schwarz erarbeitet. Und da der als Pastor die Reihe der Kulturgottesdienst organisiert, war es für die beiden naheliegend, die bislang erarbeiteten Lieder vor Publikum auszuprobieren und sie laden dazu in das Circuszelt auf dem Klostergelände ein..
Die Faszination für Berthold Brecht haben die beiden Pastorenkinder schon seit ihrer Kindheit: „In der Kirchengemeinde, in der wir aufgewachsen sind, gab es den Witz, dass Berthold Brecht dort als der fünfte Evangelist gilt“. Ob das theologisch so astrein ist, sei dahingestellt, doch zumindest hatte Brecht in einem Interview geäußert, sein Lieblingsbuch sei die Bibel. Und immer wieder finden sich Bezüge, Zitate und Anspielungen auf die Heilige Schrift in den Werken Brechts.
In den Vorbereitungen auf den Abend trat aber noch eine andere Parallele zutage. Nämlich die versteckten Frauen. Schwarz hat sich den Brechttexten auf die gleiche Weise genähert, wie er es im Studium für die biblischen Texte gelernt hat. Mithilfe der historisch-kritischen Methode werden die Texte dabei auseinandergenommen und bis ins kleinste Detail hinterfragt. Bei Texten, die wie die biblischen einen Entstehungsprozess von Jahrzehnten und Jahrhunderten unterliefen, muss die Frage gestellt werden, ob wirklich alle Teile von gleichen Autoren verfasst wurden, oder ob es Zufügungen gibt und Erweiterungen, die auf einen anderen Autoren zurückzuführen sind. Wenn man so an die Texte von Berthold Brecht geht, dann treten plötzlich Frauen in den Vordergrund, die auf den Theaterplakaten verschwiegen wurden. Nimmt man die Dreigroschenoper, so zeigt sich, dass Brechts eigener Anteil an seinem wohl berühmtesten Werk gerade mal 20% ausmacht. Elisabeth Hauptmann ist die eigentliche Autorin, galt in der Öffentlichkeit aber nur als Sekretärin Brechts.
Nicht weniger versteckt sind viele Frauen der Bibel. Die Prophetin Hulda wird auch in bibelfesten Kreisen weitgehend unbekannt sein, dass Jesu Jüngerkreis zu großem Teil weiblich war, wird hinter den 12 Jüngern versteckt und Paulus Missionsreisen… ohne Frauen wären die erfolglos geblieben.
Und so wird der Kulturgottesdienst viel feministischer als die Geschwister Schwarz es ursprünglich im Sinn hatten.
Predigt im Kulturgottesdienst "Die im Dunklen sieht
man nicht"
Liebe Gemeinde
Als der damalige Landesbischof Horst Hirschler in den 90er Jahren gefragt wurde, warum in so vielen Gemeinden das Gemeindeleben abgenommen hätte, antwortete dieser mit Bedauern, das läge daran, dass so viele Pfarrfrauen mittlerweile selbst berufstätig seien.
Was geleistet wurde von den Pfarrfrauen, das wurde erst sichtbar, als sie es nicht mehr taten. Bis dahin konnte man diese kostenlose Arbeitskraft getrost ungenannt lassen.
Wenn ein Pastor eine Gemeinde verließ, dann gehörte der Satz des Superintendenten dazu, in dem er der Pfarrfrau für ihren Anteil am Gemeindeleben dankte. Zu einer hohlen Phrase wurde das dadurch, dass der Superiuntendent gar nicht wusste, ob und was und wieviel die Pfarrfrau geleistet hat. Das sagt man halt dazu. Bis zur Absurdität bei meiner eigenen Verabschiedung in Cuxhaven, bei der der dortige Superintendent der Pfarrfrau dankte und dabei vergessen hat, dass meine damalige Frau selber Pastorin seinem Kirchenkreis war.
Versteckte Frauen. Das hat eine lange Tradition in unserer Kirche. Das fängt schon beim Abfassen und Redigieren der Heiligen Schrift an. Frauen wurden unter den Tisch fallen gelassen. Immer wieder und wieder. Ihr Beitrag zum Weg durch die Geschichten blieb unerwähnt und selbst ihre Namen wurden nicht genannt. Oder wissen sie wie die Frau von Noah hieß, oder die von Lot?
Manchmal blitzen sie durch. Fast so als hätten die männlichen Autoren an manchen Stellen vergessen, sie unerwähnt zu lassen.
Dann wird plötzlich eine Prophetin namens Hulda namentlich genannt. Wie ihr Mann hieß und von wem der abstammte und welchen Beruf der hatte, dass wird genannt, auch wenn der Mann keinerlei Funktion für die Geschichte hat.
Mehr als eine Weissagung wird Hulda nicht zugestanden – es bleibt bei dieser einen Nennung bei der ich mehr von ihrem Mann erfahre als über die Prophetin selbst.
Im Lukasevangelium wird erzählt, wie bei einer Predigt Maria und Jesu Geschwister vor der Tür stehen und mit Jesus reden wollen und Jesus sie abweisen lässt mit den Worten: Meine Mutter und meine Brüder sind die, die Gottes Wort hören und bewahren. (Lk 8,21). Eine Abwertung der leiblichen Familie gegenüber der Gemeinschaft der Glaubenden wurde in der Theologie daraus.
Dass dabei Maria die allererste ist, die - wie es in der Weihnachtsgeschichte heißt - die Worte hörte und in ihrem Herzen bewahrte, das ist in den theologischen Fachbüchern dann eher selten nachzulesen.
Dabei gilt Lukas als der Evangelist der Frauen. Bei diesem Evagelisten gibt es viel mehr Frauengeschichten und sehr viel häufiger zumindest beiläufige Erwähnungen von Frauen als bei Matthaus, Markus und Johannes.
Und doch habe ich eher den Eindruck, dass Lukas lediglich weniger Energie als die anderen Evangelisten darauf verwandt hat, die Frauen die es in den mündlichen Überlieferungen noch gab, zu verstecken.
Als der Apostel Paulus durch die halbe damals bekannte Welt reiste, um das Wort Gottes zu predigen und Gemeinden zu gründen, da fand er vor allem bei Frauen Aufnahme. Und die Frauen waren es, die die ersten Gemeinden am Anfang zusammenhielten.
Paulus selbst schreibt im Römerbrief im Grußwort von einer Junias und fügt hinzu, dass diese berühmt sei unter den Aposteln und er betont, dass diese Junias ja sogar schon vor ihm zum Glauben gekommen sei.
Aber mehr als diese eine Erwähnung findet sich nicht über diese Apostelin. Und es gibt so manche Bibelübersetzung, die ihren Namen als einen männlichen übersetzt.
Als nach Jesu Himmelfahrt der Platz von Judas neu besetzt werden sollte, da wurde als Bedingung für den Job gesagt:
So muß nun einer von diesen, die bei uns gewesen sind die ganze Zeit über, als der Herr Jesus unter uns ein- und ausgegangen ist
22 - von der Taufe des Johannes an bis zu dem Tag, an dem er von uns genommen wurde -, mit uns Zeuge seiner Auferstehung werden.
Angesichts dessen, dass es allein Frauen waren, die bis zum bitteren Ende an Jesu Seite ausharrten, hätte es damals bei der Apostelnachwahl eine Frau werden müssen. Zur Wahl standen dann aber doch nur zwei Männer.
Versteckte Frauen. Das hat eine lange Tradition in unserer Kirche.
Und nicht nur in der Kirche.
Der Physiker Otto Hahn bekam für die Entdeckung der Kernspaltung 1944 den Nobelpreis. Doch die eigentliche Entdeckung, die wirkliche wissenschaftliche Arbeit war die einer Frau. Wissen sie, wer Lise Meitner ist?
48 mal war sie für den Nobelpreis nominiert. Bekommen hat sie ihn nie.
Otto Hahn hat sie verschwiegen. Bei den wenigen Erwähnungen ihres Namens bezeichnete er sie lediglich als „Mitarbeiterin“.
Nur 25 Frauen haben bislang den Nobelpreis erhalten. Und Lise Meitner als versteckte Frau ist in der Geschichte der Nobelpreise keine Ausnahme.
Als im Jahr 1928 Bertold Brechts Dreigroschenoper Premiere feierte, da stand in fetten Lettern die Namen Bert Brecht und Kurt Weil auf dem Programheft. Mit sehr viel kleinerer Schriftgröße stand der Name der Übersetzerin der englischsprachigen Vorlage. Elisabeth Hauptmann.
Brechts Sekretärin. Als diese wurde sie in der Öffentlichkeit angesehen. In der Literaturwissenschaft ist es jedoch unumstritten, dass der weitaus größere Anteil an der Dreigroschenoper aus ihrer Feder stammte.
Elisabeth Hauptmann war es, die die englische Vorlage, die Beggars-Opera entdeckte, übersetzte und zu großen Teilen – manche Germanisten sprechen von 80% - die spätere Dreigroschenoper schrieb.
Noch höher ist der Anteil Hauptmanns am Nachfolgestück mit dem Titel Happy End. Bei dem sind nur einige der Lieder von Brecht. Und der ganze Rest ist von Hauptmann.
Bei der Drucklegung des Bühnenmanuskriptes stand auf dem Titel:
Dorothy Lane: Happy End. Für das Theater bearbeitet von Elisabeth Hauptmann., Songs von Bertold Brecht.
Und wenn sie wissen wollen, wer Dorothy Lane war:
Lediglich das Pseudonym von Elisabeth Hauptmann.
Und doch gilt Happy End landläufig als Werk Bertold Brechts.
Beim Stück „Der Ja-Sager“ hat Brecht wohl 90% wortwörtlich von Hauptmann übernommen.
Ist Brecht jetzt auch nur ein Chauvi, der die Arbeit der Frauen ausnutzt und sich selbst als der große Zampano aufführt?
Ganz so einfach ist das nicht.
Es waren die 20er Jahre. Vieles war damals neu. So manches ist ausprobiert worden. Mit vielem aus der Vergangenheit wurde – zumindest in avantgardistischen Kreisen – ausprobiert.
Und das tat auch Brecht. Nicht der einsame Autor, sondern Gemeinschaftsarbeit schwebte ihm vor. Von einem „eingespielten Arbeitskollektiv“ schreibt der Brechtkenner Jan Knopf über die Zusammenarbeit in Brechts Atelier.
Es gab viele Frauen in Brechts Leben. Soviele, dass ich beim Lesen der Biographie mir einen Zeitstrahl anlegen musste, um zu verstehen, welche Frauen zeitgleich in Brechts Leben eine Rolle spielten.
Ich weiß nicht, ob man da als Mann eifersüchtig auf Brecht sein oder ihn für einen Spinner halten sollte. Aber es waren ausnahmslos starke und kluge Frauen.
Ins Bett ist Brecht mit allen gestiegen, doch viel entscheidender waren Frauen für ihn als intellektuelle Gegenüber. Er hat die Arbeit der Frauen in seinem Leben gefördert. Und die Frauen haben das auch als eine Chance in der männerdominierten Literaturszene begriffen.
12,5% der Einnahmen an der Dreigroschenoper waren Hauptmann vertraglich zugesichert. Und als die Dreigroschenoper auch international aufgeführt wurde, erhöhte Brecht den Anteil Hauptmanns auf satte 15%. Finanziell hatte Hauptmann damit ausgesorgt.
Nicht nur ihren direkten Anteil an den Texten verdankt Brecht seiner Sekretärin. Als er 1926 in einer Schaffenskrise war und kein einziges Projekt zu einem Abschluss bringen konnte, war es wiederum Elisabeth Hauptmann, die Struktur in Brechts Leben und Arbeit brachte.
Die ganze Konzeption der brechtschen Theorie über das epische Theater – ohne die Hauptmann als Gesprächspartner wäre es nicht dazu gekommen.
Als Brechts Beziehung mit Elisabeth Hauptmann begann, hatte er bereits mit Paula Banholzer ein Kind. 1922–1928 war er verheiratet mit Marianne Zoff, einer Schauspielerin und Mutter von Brechts am 12. März 1923 geborener Tochter Hanne. Gleichzeitig hatte er eine Beziehung zu Helene Weigel, die er 1923 kennengelernt hatte; ihr gemeinsamer Sohn Stefan wurde 1924 geboren. 1929 nach der Scheidung Brechts von Marianne Zoff heirateten sie. 1930 kam die Tochter Barbara zur Welt.
Ein Kuddelmuddel und der Brecht als der Hahn im Korb.
Die Biographin Sabine Kebir sieht dieses Beziehungsdurcheinander im Kontext der Weimarer Zeit. Einen Ausdruck der Emanzipation meint sie darin zu erkennen.
Und so schreibt Hauptmann sehr viel später über Brecht: „Der Mann hat in dieser Konzeption durchaus etwas von einem Lustobjekt, das man sich eben leisten, unter Umständen aber auch fortschicken kann.“
Angesichts dessen, dass Elisabeth Hauptmann einen Selbstmordversuch unternahm, als sie erfuhr, dass Brecht nach der Trennung von Marianne Zoff dann Helene Weigel heiratete, macht diesen Satz für mich zu einer Glorifizierung im Rückblick.
Wie sollen wir denn jetzt auf Brecht schauen?
Ist er der Macho, der die intellektuelle Arbeit von Frauen ausbeutete und als seine eigene ausgab?
Oder hat er das Maximum getan, was in jener Zeit möglich war um Frauen als kreative Köpfe zu fördern? Und dies auch noch finanziell mit Tantiemen unterstrich?
Ist er eher wie der Evangelist Lukas, der die Frauen wenigstens ein bisschen vorkommen ließ und nicht gänzlich versteckte?
Was mich jedoch immer wieder verwundert hat, war, dass es zwischen den jeweiligen Frauen in Brechts Leben funktioniert hat. Erstaunlich oft zumindest.
Helene Weigel zog um, damit Brecht und Hauptmann in ihre Wohnung ziehen konnten. Von einem „Gegenseitigen Respekt“ der Frauen untereinander spricht die Hauptmann-Biographin Sabine Kebir.
Vielleicht war die Weigel als Ehefrau eine kluge Wahl von Brecht. Denn Weigel war wohl am besten in der Lage die Polyamorie des Dichters zu ertragen.
Als 1931 Margarete Steffin, zum Kreis der Brecht-Frauen dazustieß begrüßte Weigel sie mit den Worten: ‚Du tust mir leid, mein liebes Kind.‘
In den letzten Jahren der Weimarer Republik löste sich Hauptmann von Brecht als Beziehungspartner. Die Arbeitsbeziehung jedoch blieb bestehen. Und auch noch über Brechts Tod hinaus besorgte die Hauptmann zusammen mit Brechts Ehefrau Helene Weigel die posthumen Ausgaben.
An Brecht schrieb Hauptmann folgende Zeilen: „Lassen Sie uns diese Art von Beziehung gänzlich abbrechen, Brecht. Sie sind anscheinend glücklich. Auch ich, das glauben Sie mir, werde bei gänzlicher Trennung von Ihnen eine große, selbstverständliche und sehr zärtliche Beziehung zu einem Menschen auch in der Arbeit, was ich mir wünsche, finden! Unsere Beziehung war etwas karg und unzärtlich und ungeschickt, aber es war die größte Arbeitsfreundschaft, die Sie je haben werden und die ich je haben werde.“
Zumindest zwischen Brecht und Hauptmann scheint es ein Form der künstlerischen Augenhöhe gegeben haben.
Hauptmann musste vor den Nazis fliehen. Über Paris in die USA.
Auch wenn sie in dieser Zeit Vorträge hielt und auch weiter veröffentlichte musste sie als Broterwerb als Lehrerin arbeiten.
Als sie nach dem Krieg nach Deutschland zurückkehrte, machte Brecht sie zur Dramaturgin in seinem Berliner Ensemble.
Dass Brecht nicht in direkte Konfrontation mit der DDR-Regierung kam, verdankte er auch dem klugen Vorgehen und der Auswahl von Hauptmann.
Was mich verwundert, ist, dass Elisabeth Hauptmann, ihren Anteil auch nach Brechts Tod verschweigt. Als sie die Gesamtausgabe der Brechtschen Werke für den Aufbau-Verlag versah, hätte sie die Chance gehabt, das richtig zu stellen. Sie hat es nicht getan.
Der Titel ihrer Biographie ist ein Zitat von ihr: Ich habe nicht nach meinem Anteil gefragt“.
Ohne die Purpurhändlerin Lydia, ohne Maria von Magdala, ohne Junias und die anderen Frauen die noch versteckter in den biblischen Büchern und doch mit aufmerksamen Blick zu finden sind, ohne diese Frauen wären wir nicht hier in einem Gottesdienst.
Denn ohne diese fast gänzlich verschwiegenen Frauen wäre das Christentum eine kleine Sekte im vorderen Orient geblieben.
Die Frauen waren es, die als erstes die befreiende Botschaft Christi annehmen konnten. Sie waren es, die die allerersten Gemeinden führten.
Eine Frage war mir bei den Recherchen immer im Hinterkopf:
Worum geht es eigentlich? Was ist das Entscheidende. Das Werk oder der Verfasser?
Kann ich mich erfreuen an den Liedern der Dreigroschenoper ohne wissen zu müssen, wer die verfasst hat? Ändert sich irgendetwas an der Botschaft, wenn das Stück nicht von einem Mann, sondern von einer Frau verfasst wurde?
Ist es nicht völlig egal, wer dem Christentum zum Durchbruch verholfen hat – wenn es doch letztendlich dazu geführt hat, dass ich die frohe Botschaft von Jesus Christus 2000 Jahre später und Tausende von Kilometern weiter vernehmen kann?
Eigentlich sollte es mir egal sein, wer das Werk verfasst hat, solange es mich doch im Herzen bewegt.
Fragen wir doch mal die Männer, ob sie bereit sind, auf die Nennung ihres Namens zu verzichten, wenn sie den Hauptteil der Arbeit geleistet haben.
Ob Männer damit zufrieden wären, wenn man sagen würde, hinter jeder erfolgreichen Frau steht ein starker Mann.
„Ich habe nicht nach meinem Anteil gefragt“, sagte Elisabeth Kaufmann.
Wer der Autor ist, ist vielleicht wirklich nicht das Entscheidende. Und viele Namen der biblischen Autoren sind reine Erfindung. Jahrhundertelang hatte der Verfasser hinter seinem Werk zurück zu stehen.
Was mich sehr viel mehr stört, sind die Geschichten, in denen der Anteil der Frauen verschwiegen wird. Die Geschichten, die nachträglich redaktionell bearbeitet wurden und in denen Aspekte und weibliche Sichtweisen in den Hintergrund gedrängt wurden. Wenn dadurch Identifikationsfiguren wegfallen. Wenn dadurch eine Ungleichheit der Geschlechter zementiert wird. Wenn das Verschweigen der Frauenfigur dazu führt, dass unsere Kirche immer noch in weiten Teilen männerdominiert ist.
Bei den 25 Frauen, die bislang einen Nobelpreis bekommen haben gibt es eine biographische Gemeinsamkeit. Es waren Papa-Kinder. Diese Frauen hatten Väter, die ihre Töchter gefördert haben. Die Erwartungen an ihre Mädchen gestellt haben, die die Vorstellungen der damaligen Frauenrollen sprengten. All diese Frauen hatten einen Vater, der ihnen Mut gemacht hat.
Und nichts anderes hat Jesus mit den Frauen unter seinen Jüngern getan und mit den Frauen, die ihm begegneten.
Und genau diese Seite Jesu wird in den Überlieferungen heruntergespielt.
Wie leicht man den Anteil der Frauen verstecken kann, möchte ich Ihnen anhand eines prominenten Beispiels zeigen:
Wie Eva entstanden ist, haben sie sicherlich schon mal gehört.
Gott ließ einen Schlaf auf Adam fallen und nahm eine seiner Rippen und formte daraus die Eva.
Ich habe nochmal nachgeschaut. Zela, das hebräische Wort das mit Rippe übersetzt wird, wird nur an dieser einen Stelle als Rippe übersetzt. Eigentlich hat es die Wortbedeutung: Seite oder Hälfte.
Und dann hört sich der Text schon ganz anders an. Wenn die Frau die Hälfte des Menschseins ist und nicht aus Resten lediglich ein klein wenig von der Gottesebenbildlichkeit auf sie abfällt. Und Gott nahm die Hälfte vom Menschen und machte daraus die Frau.
Mit nur einer kleinen, etwas kreativen Abwandlung in der Übersetzung wurde es ein Stückchen weniger Frau in der Bibel.
Die Dreigroschenoper ist nicht die Bibel. Bei der Heiligen Schrift empfinde ich es als komplizierter nachträglich umzuschreiben. Vor allem weil ich Angst habe, dass dann der Beliebigkeit Tor und Tür geöffnet werden könnte.
Und so bleibt mir nichts anderes übrig, als die Bibel mit offenen Augen zu lesen.
Dann ist meine Aufgabe, die versteckten Frauen dennoch zu erkennen.
Und dann stellt sich die Aufgabe in meinem eigenen Leben, dafür zu sorgen, dass meine Töchter in der Lage sind einen Nobelpreis zu gewinnen und bei einer künstlerischen Zusammenarbeit mit anderen ihren Anteil nicht unter den Teppich kehren zu lassen.
Wenn Elisabeth Hauptmann nicht nach ihrem Anteil gefragt hat, so sind wir doch frei, nach dem Anteil der Frauen fragen.
Und ich kann ihnen versprechen, dass dieser Anteil in der Bibel sehr viel größer ist als sich Alice Schwarzer in ihren kühnsten Träumen vorstellen könnte.
Und die einen sind im Dunkeln
und die anderen sind im Licht
Doch man sieht nur die im Lichte,
die im Dunklen sieht man nicht
Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere menschliche Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus.
Amen
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Kulturgottesdienste
Kontakt: Florian Schwarz; Lange Straße 66; 31628 Landesbergen; E-Mail: schwarz(at)kulturgottesdienste.de