Der erste Kulturgottesdienst

14. Januar 2007 in Barskamp

Der erste Kulturgottesdienst hieß noch gar nicht so. "Kinogottesdienst" stand auf dem Plakat.

In der St. Vitus-Kirche zu Barskamp gehalten am 14. Januar 2007.

 

Damals war ich noch in der Ausbildung und hatte das große Glück, eine Lehrpastorin zu haben, die ganz offen war für Neues und mit Florian Fiechtner einen Organisten der für ein kleines Dorf völlig überqualifiziert war.

Und so entstand der erste Kulturgottesdienst.

Als Reihe, mit Konzept und allem Pipapo, ging es dann ein Jahr später in Cuxhaven los.

Predigt

 

 

Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.

 

 27 Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib.

 

 

 

Liebe Gemeinde,

 

Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde.

 

Dieser eine Satz ist es, was uns Menschen von den Tieren unterscheidet. Zumindest dem biblischen Schöpfungsbericht zufolge.

 

Und, und das halte ich für noch viel wichtiger: Dieser eine Satz sagt auch etwas über den Unterschied zwischen Gott und dem Menschen aus.

 

Gott ist derjenige der den Menschen erschafft. Das Wort, das im hebräischen Urtext für schaffen gebraucht wird, diese Wort wird nur für Gott benutzt. An dieser Stelle ist die hebräische Sprache einfach reicher als das Deutsche. Ein Mensch kann machen, tun, herstellen, aber etwas schaffen, das kann dem biblischen Denken nach nur einer: Gott.

 

Vielleicht ist der Unterschied zwischen menschlichen herstellen und göttlichen Schaffen am besten damit zu umschreiben, dass Gott es vermag, den Dingen eine Seele zu geben.

 

Ich lese aus dem ersten Buch Mose im 3 Kapitel,

 

 

 

Da sprach die Schlange zum Weibe: Ihr werdet keineswegs des Todes sterben,

 

 5 sondern Gott weiß: an dem Tage, da ihr von der Frucht des Baumes esset, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.

 

 6 Und das Weib sah, daß von dem Baum gut zu essen wäre und daß er eine Lust für die Augen wäre und verlockend, weil er klug machte.

 

 

 

Die Schlange verspricht den Menschen, dass sie sein können wie Gott und pflanzt damit den Samen einer tiefen Sehnsucht in das Herz der Menschen: Die Sehnsucht danach zu sein wie Gott. Eine der ersten Geschichten in der Bibel ist die Geschichte vom Turmbau zu Babel. Sie beschreibt in der Sprache eines Mythos diese Sehnsucht zu sein wie Gott. Und sie beschreibt auch wie die Verwirklichung dieses Traumes in die Katastrophe führt.

 

Sein wollen wie Gott, dazu gehört auch, selber zum Schöpfer von Dingen zu werden. Selber den Dingen eine Seele zu geben, selbst Schöpfer zu sein, selbst zum Gott über selbstgeschaffene Geschöpfe zu sein.

 

 

 

Seit ein paar Jahren scheint dieser Traum in greifbare Nähe gerückt zu sein.

 

Am 7 April 2000 gab Craig Venter, der Präsident der Celera Genomics Corporation bekannt, das das menschliche Genom, der Bauplan des Menschen vollständig entschlüsselt sei. Damit scheint für viele Wissenschaftler der erste Schritt getan, der nötig ist um einen Menschen künstlich zu erschaffen.

 

 

 

Was meinen sie, wie das Leben und diese Erde dann sein werden. Wenn der Mensch sich selbst zum Gott gemacht hat? Was wird das für eine Weltsein, in der wir Menschen selber darüber bestimmen können, wie unsere Kinder aussehen, wie viel Talent, wie viel Intelligenz sie haben sollen.

 

Können sie mit der vollen, mit der uneingeschränkten Verantwortung leben, die sie dann über ihr Geschöpf haben werden. Denn ein Schöpfer ist für seine Geschöpfe verantwortlich.

 

Wie wird eine Welt aussehen, in der es Wesen gibt, die ihrem Schöpfer von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten können?

 

 

 

 

 

Ich bin in den letzten Jahren zu der Überzeugung gekommen, das der Mensch sich nur in eine Richtung bewegen kann, die er sich auch vorstellen kann. Und die Vorstellungen und Überlegungen zum Thema künstliche Menschen finden sich am ehesten in der Literatur, der Kunst und auch im Film.

 

Bei allen Büchern und Filmen die ich in den letzten Jahren auf das Motiv des künstlichen Menschen hin untersucht habe findet sich eine Gemeinsamkeit. Die Geschichten enden in der Katastrophe. Ob sie die über 2000Jahre alte Geschichte von Pygmalion und Galatea lesen, Hoffmanns Sandmann, Frankenstein, Bladerunner, Schöne neue Welt,

 

ich könnte ihnen noch viele weitere Werke aus den letzten zwei Jahrtausenden aufzählen, sie alle haben kein Happy End. Und der Grund für das schlimme Ende ist immer das gleiche: Der Mensch ist zwar in den Geschichten in der Lage künstliches Leben zu erschaffen, aber er schafft es nicht die Verantwortung für sein Geschöpf zu tragen. Die Verantwortung für sein Geschöpf tragen, das heißt: sein Geschöpf zu lieben. Was immer auch geschieht, was immer das Geschöpf auch tut. Und sein Geschöpf zu lieben, das bedeutet auch, ihm Freiheit und Selbstständigkeit zu geben. Die künstlichen Menschen in der Literatur wurden alle zu einem bestimmten Zweck geschaffen, sei es um Diener zu haben, sei es um Aufgaben zu für ihren Schöpfer zu erledigen, sei es als williges Sexualobjekt oder sei es nur um die eigene Macht zu demonstrieren und um sich selbst zum Gott zu machen. Einen Roman, in dem künstliches Leben geschaffen wird um seiner selbst willen, so wie Gott  uns Menschen geschaffen hat, habe ich bislang nicht gefunden. Die künstlichen Menschen der Geschichten müssen immer einem Zweck dienen, und das Wohlwollen ihrer menschlichen Schöpfer ist immer an der Erfüllung dieses Zweckes gebunden. Bedingungslose Liebe zu seinen Geschöpfen, keiner der Autoren scheint das einem Menschen zuzutrauen. Wenn sie nach diesem Gottesdienst zur Filmvorführung bleiben, dann werden sie sehen, wie Fritz Lang sich eine Möglichkeit eines künstlichen Menschen vorstellt. Auch hier führt zur Katastrophe. Denn ein Mensch kann nicht schaffen. Er kann nur machen, tun und herstellen. Aber eine Seele, die kann ein Mensch nicht geben.

 

Ich möchte die Botschaft all dieser Romane und Filme als eine Warnung verstehen. Eine Warnung davor sich selbst nicht zum Gott zu erheben. Eine Warnung davor, das wir nicht die Verantwortung für alles was wir tun und erschaffen, tragen können. Eine Warnung, dass nicht alles wozu wir technisch in der Lage sind auch zu einem guten Ende führt.

 

Und ich möchte diese Romane und Filme auch als eine Erinnerung daran verstehen, dass ich ein Geschöpf Gottes bin und von ihm geliebt werde, bedingungslos.

 

 

 

Und der Friede Gottes, der höher ist all unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen,